Part 35 (1/2)

Geht dreist zu Hof, Ihr findet dort Frau Riechgenau, mein Ehgemahl. 75 Der Konig liebt sie, und zumal Auch unsre Frau, die Konigin, Denn sie hat klugen, behenden Sinn.

Sprecht sie an, sie liebt die Herrn Und verwendet sich fur Freunde gern. 80 Sie ist Euch zu jedem Dienst erbotig.

Das Recht hat manchmal Hilfe notig.

Bei ihr sind ihrer Schwestern zwei, Dazu auch meiner Kinder drei Und viel andre noch von Euerm Geschlecht, 85 Die gern Euch helfen zu Euerm Recht.

Kann Euch denn sonst kein Recht geschehn, So la.s.s' ich meine Macht Euch sehn.

Macht es mir nur gleich bekannt.

Alle, die wohnen im ganzen Land, 90 Den Konig und alle, Weib und Mann, Die bring' ich in des Papstes Bann Und schick' ein Interdict so schwer, Man soll nicht begraben noch taufen mehr, Und keine Messe lesen noch singen. 95 Drum, lieber Ohm, seid guter Dingen!

Der Papst ist ein alter, schwacher Mann, Er nimmt sich keiner Sache mehr an; Drum hat man sein auch wenig acht.

Am Hofe ubt die ganze Macht 100 Der Kardinal von Ohnegenugen, Ein rustiger Mann, der weiss es zu fugen.

Ich kenn' ein Weib, die hat er lief, Die soll ihm bringen einen Brief.

Mit der bin ich sehr wohl bekannt, 105 Und, was sie will, geschieht im Land.

Sein Schreiber heisst Johann Partei, Der kennt wohl Munze alt und neu.

Horchgenau ist sein k.u.mpan, Der ist des Hofes Kurtisan. 110 Wendundschleich ist Notarius, Beider Rechte Baccalaureus; ubt der ein Jahr noch seine Tucken, So wird er Meister in Praktiken, Moneta und Donarius halten jetzt 115 Die Richterstuhle dort besetzt; Wem sie das Recht erst abgesprochen, Dem ist und bleibt der Stab gebrochen.

So gilt in Rom jetzt manche List, Daran der Papst unschuldig ist. 120 Die muss ich alle zu Freunden halten: Sie haben uber die Sunden zu schalten Und losen das Volk all aus dem Bann.

Oheim, vertraut Euch mir nur an!

Der Konig hat es schon vernommen, 125 Da.s.s ich Euch will zu Hilfe kommen.

Er weiss auch, da.s.s ich der Mann dazu bin; Drum kommt Ihr nicht zu Ungewinn.

Bedenkt alsdann der Konig recht, Wie viele vom Affen- und Fuchsgeschlecht, 130 In seinem geheimsten Rate sitzen.

Geh's wie es will, das muss Euch nutzen.”

Reineke sprach: ”Ich bin getrostet; Ich dank' Euch's gern, wenn Ihr mich lostet.”

+x.x.xVI. PETER SUCHENWIRT+

The most gifted verse-writer of the poetically barren 14th century. He was a 'wandering singer' who depended for his livelihood upon the patronage of princes and spent the most of his life in Austria. He died about 1400. The selection is a translation of his _Red' von der Minne_.

+A Discourse of Love.+

Ich wanderte an einem Tag In einen wonniglichen Hag, Darin die Vogel sungen; Da kam ich unbezwungen Auf einem wonniglichen Raume 5 Zu einem dichtbelaubten Baume, An deren Wurzeln wundervoll Hervor ein kaltes Brunnlein quoll.

Da fand ich sitzen hart anbei Drei Frauen alle mangelfrei, 10 Minne, Staet' und Gerechtigkeit.

Die erste klagt' ihr Herzensleid, Bezwungen von des Schmerzes Not; Sie sprach: ”Ich bin beinahe tot An Ehren und an Sinnen: 15 Die mich sollten minnen, Sie sind ein ehrloses Geschlecht.

Da ich nun, Minne, mit Unrecht Auf Erden kam zu solchem Leben, Sollt ihr getreuen Rat mir geben. 20 Gerechtigkeit, in Gottes Namen, Von dem die zehn Gebote kamen, Macht, da.s.s mein Recht mir werd' erteilt: Wer Minne lasterhaft vergeilt Und reiner Frauen Wurdigkeit, 25 Der buss' es! Das ist nun mein Leid.”

Gerechtigkeit sprach zu der Staete: ”Wir hatten notig gute Rate, Um recht zu richten die Geschicht'.”

Frau Staete sprach mit Worten schlicht: 30 ”Nun hort und merkt, was ich will sagen: Wem Minne Ha.s.s mag tragen, Den wollen wir in aller Schnelle Sogleich verh.o.r.en auf der Stelle.”

Gerechtigkeit tat auf den Mund: 35 ”Macht uns allhier mit Worten kund, Durch wen Ihr leidet solche Pein.”

Frau Minne sprach: ”Der Jammer mein Ist leider hart und schauderhaft, Weil mancher Prahler lugenhaft 40 Von reinen Frauen faselt. Ach, Da.s.s Gott ihn nicht mit seinem Schlag Getroffen aller Welt zur Lehr'!

Das wurde mich erfreuen sehr, Wie ich bekenne offentlich. 45 Die schnoden Dinge liebt er sich Und schwatzt von dem, was er nie sah.

Drum sollt' er in die Holl' und da Die heisse Loh ihn sengen, Der Teufel hart bedrangen, 50 Zur Ahndung seiner falschen List, Weil er ein loser Schwatzer ist.

Daruber sollt ihr richten mir.”

Gerechtigkeit erwidert' ihr: ”So sei's! Ein Urteil soll geschehn: 55 Ihn soll kein lieblich Aug' ansehn, Von einer reinen Frauen zart; Ihr Mund sei gegen ihn verspart, Da.s.s ihm kein Gruss mag werden kund Von einem rosenroten Mund. 60 Das ist der strenge Wille mein.”

Frau Staete sprach: ”Ich leid' auch Pein In meinem Herzen mannigfalt: Ich habe Diener, jung und alt, Die sagen, da.s.s sie statig sein 65 Und tun das offentlich zum Schein Bei reinen Frauen manchmal kund; Doch tief in ihres Herzens Grund Liegt falscher List ein grosser Hort: Das ist der Seele arger Mord 70 Und reiner Frauen Ungewinn.

Ich wollt', wer hatt' so falschen Sinn, Da.s.s dem doch aus dem Munde sein Die Zahne wuchsen, wie dem Schwein; Daran erkenntlich waren die Leut', 75 Und reine Frauen leicht befreit Von jener Schalkchen loser Schar Mit Worten sanft und doch nicht wahr, Mit Zungen, die wie Messer schneiden; Ach, was muss man davon leiden! 80 Und noch eins mich mit Schmerz bewegt: Da.s.s mancher Blau am Leibe tragt Und wahnt davon statig zu sein, Weil er in blauer Farbe Schein Erzeiget sich den Frauen gut. 85 Mich dunkt nun so in meinem Mut: Ware die Farbe, wie man hort, Die Elle hatte wohl den Wert Von hundert Gulden sicherlich; Doch Staete wiegt im Herzen sich, 90 Sie tut nicht von der Farbe kommen, Drum kann es manchem wenig frommen, Wenn er der Unstaet' huldigt Und wird von Fraun beschuldigt.”

Ich hort' ihr Plaudern mannigfalt, 95 Und was zu tun, entschied ich bald.