Part 22 (2/2)

Schaute sein Herz sie lachend an, 11775 So blickte weg der treue Mann; Doch sollt' er sie nicht sehen, Wollt' ihm das Herz vergehen.

Oft, wie Gefang'ne sinnen, Oft sann er zu entrinnen, 11780 Und dachte: Sieh nach andern, La.s.s dein Begehren wandern Und liebe, was sich lieben la.s.st!

Da hielt ihn stets die Schlinge fest.

Oft pruft' er sorgsam Herz und Sinn, 11785 Als spurt' er eine Wandlung drin; Doch fand er nur darinne Isolden und die Minne.

Nicht anders war es mit Isot.

Sie kampfte mit derselben Not, 11790 Auch ihr war angst und weh zu Mut.

Kaum fuhlt sie in der weichen Flut Der zauberischen Minne Versinken ihre Sinne, Da--in jahem Schreck und Graus 11795 Spahte sie nach Rettung aus Und wollte schnell auf und davon; Jedoch verloren war sie schon Und haltlos sank sie nieder.

Sie straubte sich dawider, 11800 Suchte nach allen Enden Mit Fussen und mit Handen Und wandte sich bald hin, bald her; Doch so versenkte sie nur mehr Die Hande und die Fusse 11805 Tief in die blinde Susse Des Mannes und der Minne.

Wie die gefang'nen Sinne Sich mochten drehn und regen, Auf allen ihren Wegen, 11810 Auf jedem Schritt, auf jedem Tritt, Ging Minne, ihre Herrin mit, Und alles, was sie dacht' und sann, War Minne nur und nur Tristan.

Doch all das blieb verschwiegen; 11815 Entzweit in stetem Kriegen War hier das Herz, die Augen dort, Scham trieb die Augen von ihm fort; Doch Minne bracht' ihr Herz ihm dar.

Und diese widerspenst'ge Schar, 11820 Scham und Minne, Mann und Magd, Die war teils mutig, teils verzagt: Die Magd begehrte nach dem Mann Und sah ihn nicht mit Augen an; Die Scham, die wollte Minne, 11825 Doch ward es niemand inne.

Was mocht' es helfen? Scham und Magd Kommt leicht zu Falle, wie man sagt; Sie haben gar ein kurzes Leben Und konnen nicht lang widerstreben. 11830 Isot auch unterwarf sich bald, Und sieglos weichend der Gewalt Ergab sie Leib und Sinne Dem Manne und der Minne.

[Notes: 1: Tristan, a young embodiment of all knightly virtues, has been sent to Ireland to win the hand of the peerless Isold for his old uncle Marke, King of Cornwall. He succeeds in his mission. On the voyage to Cornwall, however, it befalls by accident that he partakes with Isold of a philter prepared by her mother and intended for her and King Marke.

2: Tristan had slain Morold, a kinsman of Isold's, wherefore she had tried, with small success, to 'hate' him.]

_From 'Tristan,' Book 24, lines 15522-15748: The ordeal of G.o.d._[3]

Der Konig sprach: ”Frau Konigin, Ich la.s.s' es dabei gern beruhn.

Wollt Ihr uns so Genuge tun, Wie's Eure Rede zugestand, 15525 So gebt uns sich'res Unterpfand: Kommt her, gelobt mit Wort und Eid Zum Gottesurteil Euch bereit Mit dem gluhenden Eisen, Wie wir's Euch werden weisen.” 15530 Die Herrin weigerte sich nicht; Sie schwur, die Probe vor Gericht Zu leisten nach sechs Wochen, Wie's ihr ward zugesprochen, In der Stadt zu Karliun. 15535 Der Herr entliess die Fursten nun; Sie kehrten heimwarts insgemein.

Isolde aber blieb allein Mit angsten und mit Leide, Und es bedruckten beide 15540 Ihr Herz mit gleicher Schwere: Angst um ihre Ehre Und heimlich Leid, nicht minder schwer, Da.s.s ihre Luge sie nunmehr Zur Wahrheit sollte bringen, 15545 In diesem heissen Ringen Wusste sie nicht aus noch ein, Und darum beides, Angst und Pein, Vertraute sie dem gnad'gen Christ, Der hilfreich in den Noten ist; 15550 Der mochte sie entlasten.

Ihm mit Gebet und Fasten Befahl sie all die Angst und Not, Und eine List erfand Isot: Im stillen Herzen hoffte sie 15555 Getrost auf Gottes Courtoisie Und schrieb an Tristan einen Brief, Der ihn nach Karliun berief, Wie er's auch moglich mache, Da.s.s, wenn der Tag erwache, 15560 An dem das Schiff dort lande, Er fruhe sei am Strande Und da im Hafen ihrer warte.

Nun, so geschah's: er kam und harrte Im Pilgermantel arm und schlicht; 15565 Er hatte sich das Angesicht uberschminkt und aufgeschwellt Und Leib und Kleidung ganz entstellt.

Als dann Isot und Marke Anhielten mit der Barke, 15570 Ersah ihn gleich die Herrin dort, Und sie erkannt' ihn auch sofort.

Und als das Schiff zu Strande stiess, Isot den Waller bitten liess, Wenn er nicht furchte zu erlahmen, 15575 So mocht' er doch in Gottes Namen Sie tragen von des Schiffes Rand Hinuber auf das trockne Land; Sie wollte sich in diesen Tagen Von keinem Ritter la.s.sen tragen. 15580 Da riefen sie den Pilger an: ”He, kommet naher, guter Mann, Und tragt die Herrin ans Gestad!”

Der Pilger tat, wie man ihn bat: Er ging zu seiner Herrin hin 15585 Und trug Isot, die Konigin, Auf seinen Armen nach dem Port.

Sie raunt ihm zu mit raschem Wort, Da.s.s, was ihm auch draus wurde, Er unter seiner Burde 15590 Mit ihr am nahen Ziele Zur Erde niederfiele.

So tat er: kaum da.s.s am Gestad Der Waller aus dem Wa.s.ser trat Aufs trockne Land, so strauchelt' er 15595 Und fiel, als war's von ungefahr, Und bracht' im Fallen es dahin, Da.s.s er der schonen Konigin Im Arme lag an ihrer Seite.

Da ward ein Aufruhr im Geleite: 15600 Sie kamen gleich in Haufen Mit Stecken hergelaufen, Um ihm mit blauen Malen Den Tragerlohn zu zahlen.

”Nein, nein, la.s.st ab!” so rief Isot, 15605 ”Denn es geschah ihm nur aus Not.

Der Pilger ist so matt und krank, Da.s.s er vor Schwache niedersank.”

Dafur erscholl ihr in der Runde Ehr' und Dank aus jedem Munde. 15610 Sie lobten's im Gemute, Da.s.s sie mit solcher Gute Verteidigte den armen Wicht.

Sie sprach mit lachelndem Gesicht: ”Welch Wunder ware nun daran,15615 Wenn dieser fremde Pilgersmann Mit mir zur Kurzweil wollte scherzen?”

So gewann sie alle Herzen, Da sie so milde sich erwiesen, Und Frau Isolde ward gepriesen 15620 Und hochgeruhmt von manchem Mann.

Doch Marke sah das alles an Und horte schweigend jedes Wort.

Sie aber fuhr zu scherzen fort: ”Nun weiss ich nicht, was draus entsteht, 15625 Da.s.s ich doch, wie ihr selber seht, Von heut an nicht mehr schworen kann, Da.s.s ausser Marke nie ein Mann Mir in den Arm gekommen, Noch einer je genommen 15630 Sein Lager mir zur Seiten.”

So scherzten sie im Reiten, Und war der arme Waller Fortan im Munde aller, Bis sie zum Stadttor zogen ein. 15635 Da waren Pfaffen viel und Lai'n, Barone, Ritterschaft in Menge, Gemeinen Volks ein gross Gedrange, Bischofe und Pralaten auch, Die hielten da nach heil'gem Brauch 15640 Das Amt und weihten das Gericht.

Gewartig ihrer strengen Pflicht Harrten schon die Weisen; Im Feuer lag das Eisen.

Die gute Konigin Isold, 15645 Die hatt' ihr Silber und ihr Gold Und was vom Schmuck ihr war zuhanden, Samt ihren Rossen und Gewanden Dahingeschenkt um Gottes Huld, Da.s.s Gott an ihre wahre Schuld 15650 Zur Stunde nicht gedachte Und, sie zu Ehren brachte.

So war zum Munster sie gekommen Und hatte Messe da vernommen Mit inniglichem Mute. 15655 Andachtig sah die Gute Zu Gott auf, dem sie sich vertraut.

Sie hatte auf der blossen Haut Ein rauhes harnes Hemd und dann Ein wollnes Rocklein druber an, 15660 Das ihr, wenn's an ihr niederhing, Nicht auf die zarten Knochel ging.

Die armel waren aufgezogen Bis nahe an den Ellenbogen, Arm' und Fusse waren bloss. 15665 Da ruhrt ihr Anblick und ihr Los Manch Herz und Auge mit Erbarmen; Wie durftig war das Kleid der Armen, Wie bleich, wie trube sah sie drein!

Hiemit kam auch der Heiligenschrein, 15670 Darauf den Schwur, sie sollte tun, Und man gebot Isolden nun, Ihre Schuld an diesen Sunden Vor Gott und vor der Welt zu kunden.

Sie hatte Ehr' und Leben 15675 An Gottes Huld ergeben Und bot ihr Herz und ihre Hand Furchtsam, wie es um sie stand, Dem Schreine und dem Eide.

<script>