Part 21 (1/2)

Des stolzen Herzogs von Lalander Minnige Gemahlin fand er 400 Im Zelte, Frau Jeschute, Die noch im Schlafe ruhte, Zum Ritterslieb erschaffen: Sie trug der Minne Waffen, Einen Mund durchleuchtig rot, 405 Sehnenden Ritters Herzensnot.

Wie wonnig sie entschlummert war!

Halb offen stand ihr Lippenpaar, Das gluht von heissem Minnefeuer; So lag das holde Abenteuer. 410 Schneeweiss erglanzt' in dichten Reihn Der kleinen Zahne Elfenbein.

Leicht lernt' ich kussen solchen Mund, Doch wurde mir das selten kund.

Auf weichem Lager hingestreckt 415 Hat sie den Zobel, der sie deckt, Zuruckgestreift bis an die Huften, Im schwulen Sommer sich zu luften, Seit einsam lag das schone Weib.

Gott selbst hat an den sussen Leib 420 Seine Meisterkunst gewandt.

Lang war ihr Arm und blank die Hand.

Doch als der wilde Knabe da An ihrer Hand ein Ringlein sah, Sprang er ans Bett, den Reif zu holen, 425 Wie's ihm die Mutter anbefohlen.

Das reine Weib in Scham erschrak, Als ihr der Knab' im Arme lag.

Sie, die man keusche Zucht gelehrt, Sprach: ”Wer hat mein Gemach entehrt? 430 Jungherr, Ihr waget allzuviel.

Geht, suchet Euch ein andres Ziel!”

Doch er, wie laut die Schone klagt, Ihn k.u.mmert's nicht, was sie auch sagt.

Er druckt' an sich die Herzogin, 435 Zw.a.n.g ihren Mund an seinen hin Und nahm den Ring. Auch brach der Range Von ihrem Hemd die goldne Spange.

Sie wehrt sich, doch mit Weibes Wehr; Ihr war sein Arm ein ganzes Heer. 440 ”Mich hungert,” klagt er, ”gib mir Essen!”

Sie sprach: ”Ihr wollt doch mich nicht fressen?

Wart Ihr zu Nutzen weise, Ihr nahmt Euch andre Speise.

Seht, dort beiseit steht Brot und Wein 445 Und zwei Rebhuhnchen obendrein.

Das hat ein Magdlein hergebracht, Die's Euch doch wenig zugedacht.”

Er liess von ihr, indem er sa.s.s Und einen guten Kropf sich a.s.s, 450 Wonach er schwere Trunke schlang.

Ihr wahrt sein Wesen hier zu lang; Sie deucht: dem Jungen fehlt's im Hirne; Der Angstschweiss stand ihr auf der Stirne.

Drum sprach sie: ”Jungherr, la.s.set mir 455 Das Ringlein und die Spange hier Und hebt Euch fort! Denn kommt mein Mann, Und trifft Euch hier im Zelte an, So musst Ihr Zorn erleiden, Den Ihr gern mochtet meiden.” 460 Er sprach mit trotzigem Gesicht: ”Er komme nur! Ich furcht' ihn nicht.

Doch schadet's dir an Ehren, Will ich von hinnen kehren.”

Aufs neu' kam er ans Bett gegangen, 465 Die Schone kussend zu umfangen; Ungerne litt's die Herzogin.

Dann ohne Abschied ritt er hin; Doch sprach er noch: ”Gott hute dein!

So lehrte mich's die Mutter mein.” 470

[Notes: 1: The numbers refer to the original text, Bartsch's edition; the translation is not a line-for-line version.

2: A famous wood in Bretagne--la foret de Brecheliant. Wolfram's spelling is Prizljan, Hartmann's Brezilian.]

_From Book 5, lines 345-490: Parzival in the castle of the Grail._[3]

Dann kam die Konigin herein; 345 Ihr Antlitz gab so lichten Schein, Sie meinten all', es wolle tagen.

Als Kleid sah man die Jungfrau tragen Arabiens schonste Weberei.

Auf einem grunen Achmardei[4] 350 Trug sie des Paradieses Preis, Des Heiles Wurzel, Stamm und Reis.

Das war ein Ding, das hiess der Gral, Ein Hort von Wundern ohne Zahl.

Repanse de Schoye sie hiess, 355 Durch die der Gral sich tragen liess.

Die hehre Art des Grales wollte, Da.s.s, die sein wurdig pflegen sollte, Die musste keuschen Herzens sein, Vor aller Falschheit frei und rein. 360 Die Jungfraun tragen vor dem Gral Sechs Glasgefa.s.se lang und schmal, Aus denen Balsamfeuer flammt.

Sie wandeln zuchtig insgesamt Mit abgemess'nem Schritte 365 Bis in des Saales Mitte.

Die Konigin verneigte sich Mit ihren Jungfraun feierlich Und setzte vor den Herrn den Gral.

Gedankenvoll sa.s.s Parzival 370 Und blickte nach ihr unverwandt, Die ihren Mantel ihm gesandt.

Drauf teilt sich all das Gralgeleite; Zwolf Jungfraun stehn auf jeder Seite, Und in der Mitte steht allein 375 Die Magd in ihrer Krone Schein.

Nun traten vor des Mahls Beginn Die Kamm'rer zu den Rittern hin, Ein jeder ihrer vier zu dienen Mit lauem Wa.s.ser, das er ihnen 380 In schwerem goldnem Becken bot, Dabei ein Jungherr w.a.n.genrot, Das weisse Handtuch darzureichen.

Da sah man Reichtum ohnegleichen.

Der Tafeln mussten's hundert sein, 385 Die man zur Ture trug herein, Vor je vier Ritter eine; Darauf von edlem Leine Deckten sie mit Fleisse Tischtucher blendend weisse. 390 Der Wirt in seiner stummen Qual Nahm selber Wa.s.ser; Parzival Wusch sich mit ihm zugleich die Hande.

Drauf bracht' ein Grafensohn behende Ein seidnes Handtuch farbenklar 395 Und bot es ihnen knieend dar.

Ein jeder Tisch, so viel da stehn, Ist von vier Knappen zu versehn: Die einen knien, um vorzuschneiden, Aufwarter sind die andern beiden. 400 Nun rollen durch den Saal vier Wagen, Die Goldgeschirr in Fulle tragen; Das wird von Rittern unverweilt An all die Tafeln ausgeteilt.

Man zog im Ring sie Schritt fur Schritt, 405 Und jedem ging ein Schaffner mit, Dem dieser Hort zur Hut befohlen, Ihn nach dem Mahl zuruckzuholen.

Hundert Knappen traten dann Mit Tuchern auf der Hand heran; 410 Voll Ehrfurcht kamen sie gegangen, Das Brot vom Grale zu empfangen.

Denn wie ich selber sie vernommen, Soll auch zu euch die Mare kommen: Was einer je vom Gral begehrt, 415 Das ward ihm in die Hand gewahrt, Speise warm und Speise kalt, Ob sie frisch sei oder alt, Ob sie wild sei oder zahm.

Wer meint, da.s.s dies zu wundersam 420 Und ohne Beispiel ware, Der schelte nicht die Mare.