Part 16 (2/2)

Heil sei der Stunde, da sie mir erschienen, Die mir den Leib und die Seele bezwungen!

Alle Gedanken ihr einziglich dienen; Das ist mit Gute der Guten gelungen.

Da.s.s ich nicht la.s.sen und meiden sie kann, Hat ihre Schonheit und Gute vollbracht Und ihr roter Mund, der so wonniglich lacht.

Seele und Sinne, die hab' ich gewendet Auf die Vielreine, die Liebe, die Gute.

Werde uns beiden noch lieblich vollendet, Was zu gewahren sie hold mir geruhte!

Was ich an Freude auf Erden gewann, Hat ihre Schonheit und Gute vollbracht Und ihr roter Mund, der so wonniglich lacht.

+4+

+Das Trostelein+

In einem zweifelvollen Wahn War ich gesessen und gedachte Zu la.s.sen ihren Dienst fortan, Als mich ein Trost ihr wiederbrachte.

Trost mag es wohl nicht heissen, denn zur Stund'

Ist es ja kaum ein kleines Trostelein, So klein, wenn ich's euch sag', ihr spottet mein.

Doch Freude ist erlaubt auch aus geringem Grund.

Mich hat ein Halm gemachet froh, Der sagt, ich solle Gnade finden.

Ich ma.s.s da.s.selbe kleine Stroh, Wie ich zuvor es sah bei Kinden.

Nun h.o.r.et denn und merket wohl, ob sie es tu': ”Sie tut, tut's nicht, sie tut, tut's nicht, sie tut.”

Wie oft ich ma.s.s, so war noch je das Ende gut.

Das trostet mich, doch da geh.o.r.et Glaube zu.

Wie lieb sie mir von Herzen sei, So kann ich es gar wohl noch leiden, Zahlt sie mich nur den Besten bei; Ich darf ihr Werben ihr nicht neiden.

Wie ich es kann erkennen, glaub' ich nicht, Da.s.s sie ein andrer w.a.n.kend machen moge; Ich wollte, die Getauschten sahn, da.s.s Wahn sie troge, Denn allzulange schon hort sie auf jeden Wicht.

+5+

+Wert der Minne.+

Was soll ein Mann, der nicht begehrt Zu werben um ein reines Weib?

Bleibt er von ihr auch unerhort, Es hebt ihm Seele doch und Leib.

Er tu' um Einer willen so,5 Da.s.s er den andern wohlbehagt, Dann macht ihn wohl die Eine froh, Wenn sich die Andre ihm versagt.

Des achte, wenn er liebt, der Mann, Viel Gluck und Ehre liegt daran. 10 Wer guten Weibes Minne hat, Der schamt sich keiner Missetat.

+6+

+Doppelzungigkeit.+[1]

Gott gibt zum Konig, wen er will; Daruber wundr' ich mich nicht viel: Uns Laien wundert nur der Pfaffen Lehre, Was sie gelehrt vor wenig Tagen, Da.s.s woll'n sie heut schon anders sagen.

Nun denn, bei Gott und eurer eignen Ehre, So sagt uns denn in Treue, Mit welcher Red' ihr uns betrogen.

Erklaret uns die eine recht von Grunde, Die alte oder neue.

Uns dunket, eines sei gelogen; Zwei Zungen stehen schlecht in einem Munde.

[Notes: 1: Pope Innocent III was at first a partisan of Otto the Saxon and consecrated him as emperor. But when Otto invaded Italy in 1210 the Pope turned against him and excommunicated him.]

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