Part 75 (2/2)

DER SECHSTE GEIST. Da.s.s er dich noch sundigen la.s.st, ist schon Rache!

FAUST. Und da.s.s ein Teufel mich dieses lehren muss! --Aber doch erst heute! Nein, seine Rache ist nicht schnell, und wenn du nicht schneller bist als seine Rache, so geh nur!-- (_Zum siebenten Geiste_) Wie schnell bist du?

DER SIEBENTE GEIST. Unzuvergnugender Sterbliche, wo auch ich dir nicht schnell genug bin--

FAUST. So sage: wie schnell?

DER SIEBENTE GEIST. Nicht mehr und nicht weniger als der ubergang vom Guten zum Bosen.

FAUST. Ha! Du bist mein Teufel! So schnell als der ubergang vom Guten zum Bosen! --Ja, der ist schnell; schneller ist nichts als der! --Weg von hier, ihr Schnecken des Orcus! Weg! --Als der ubergang vom Guten zum Bosen! Ich habe es erfahren, wie schnell er ist! Ich habe es erfahren! u.s.w.

Was sagen Sie zu dieser Szene? Sie wunschen ein deutsches Stuck, das lauter solche Szenen hatte? Ich auch.

[Notes: 2: The _Bibliothek der schonen Wissenschaften_, a magazine conducted by Nicolai and Mendelssohn.

3: Caroline Neuber was a famous actress, who between 1727 and 1748 cooperated with Gottsched for the improvement of the Leipzig stage.

4: The 'Swiss critic' is Bodmer. 'Darius,' the 'Oysters,' etc., are the t.i.tles of plays included in Gottsched's _Deutsche Schaubuhne_ (1740-1745) 5: In his _Discours sur la tragedie_ Voltaire speaks of Addison's _Cato_ as ”la seule bien ecrite d'un bout a l'autre chez votre [Lord Bolingbroke's] nation.”]

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_From 'Laokoon,' Chapter 16._

Doch ich will versuchen, die Sache[6] aus ihren ersten Grunden herzuleiten.

Ich schliesse so: Wenn es wahr ist, da.s.s die Malerei zu ihren Nachahmungen ganz andere Mittel oder Zeichen gebraucht als die Poesie, jene namlich Figuren und Farben in dem Raume, diese aber artikulierte Tone in der Zeit; wenn unstreitig die Zeichen ein bequemes Verhaltnis zu dem Bezeichneten haben mussen: so konnen neben einander geordnete Zeichen auch nur Gegenstande, die neben einander, oder deren Teile neben einander existieren, auf einander folgende Zeichen aber auch nur Gegenstande ausdrucken, die auf einander, oder deren Teile auf einander folgen.

Gegenstande, die neben einander, oder deren Teile neben einander existieren, heissen Korper. Folglich sind Korper mit ihren sichtbaren Eigenschaften die eigentlichen Gegenstande der Malerei.

Gegenstande, die auf einander, oder deren Teile auf einander folgen, heissen uberhaupt Handlungen. Folglich sind Handlungen der eigentliche Gegenstand der Poesie.

Doch alle Korper existieren nicht allein in dem Raume, sondern auch in der Zeit. Sie dauern fort und konnen in jedem Augenblicke ihrer Dauer anders erscheinen und in anderer Verbindung stehen. Jede dieser augenblicklichen Erscheinungen und Verbindungen ist die Wirkung einer vorhergehenden und kann die Ursache einer folgenden und sonach gleichsam das Zentrum einer Handlung sein. Folglich kann die Malerei auch Handlungen nachahmen, aber nur andeutungsweise durch Korper.

Auf der andern Seite konnen Handlungen nicht fur sich selbst bestehen, sondern mussen gewissen Wesen anhangen. Insofern nun diese Wesen Korper sind oder als Korper betrachtet werden, schildert die Poesie auch Korper, aber nur andeutungsweise durch Handlungen.

Die Malerei kann in ihren coexistierenden Compositionen nur einen einzigen Augenblick der Handlung nutzen und muss daher den pragnantesten wahlen, aus welchem das Vorhergehende und Folgende am Begreiflichsten wird.

Ebenso kann auch die Poesie in ihren fortschreitenden Nachahmungen nur eine einzige Eigenschaft der Korper nutzen und muss daher diejenige wahlen, welche das sinnlichste Bild des Korpers von der Seite erwecket, von welcher sie ihn braucht.

Hieraus fliesst die Regel von der Einheit der malerischen Beiworter und der Sparsamkeit in den Schilderungen korperlicher Gegenstande.

Ich wurde in diese trockene Schlusskette weniger Vertrauen setzen, wenn ich sie nicht durch die Praxis des Homers vollkommen bestatigt fande, oder wenn es nicht vielmehr die Praxis des Homers selbst ware, die mich darauf gebracht hatte. Nur aus diesen Grundsatzen la.s.st sich die grosse Manier des Griechen bestimmen und erklaren, so wie der entgegengesetzten Manier so vieler neuern Dichter ihr Recht erteilen, die in einem Stucke mit dem Maler wetteifern wollen, in welchem sie notwendig von ihm uberwunden werden mussen.

Ich finde, Homer malet nichts als fortschreitende Handlungen, und alle Korper, alle einzelne Dinge, malet er nur durch ihren Anteil an diesen Handlungen, gemeiniglich nur mit Einem Zuge. Was Wunder also, da.s.s der Maler da, wo Homer malet, wenig oder nichts fur sich zu tun siehet, und da.s.s seine Ernte nur da ist, wo die Geschichte eine Menge schoner Korper in schonen Stellungen in einem der Kunst vorteilhaften Raume zusammenbringt, der Dichter selbst mag diese Korper, diese Stellungen, diesen Raum, so wenig malen, als er will.

[Notes: 6: _Die Sache_ is the fundamental difference between plastic art (_Malerei_) and poetry.]

+LXXIII. JOHANN GOTTFRIED HERDER+

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