Part 28 (1/2)

Wie konnt' uns wohler werden je?

Nun h.o.r.e, was ich sagen will: Einst fand man edle Ritter viel 935 Bei schonen, werten Frauen.

Heut kann man sie nur schauen, Wo unerschopflich fliesst der Wein.

Und nichts macht ihnen Muh' und Pein Vom Abend bis zum Morgen, 940 Als nur das eine Sorgen, Wenn nun der Wein zur Neige geht, Ob sie der Wirt auch wohl berat Und neuen schafft von gleicher Gute.

Da suchen Kraft sie dem Gemute. 945 Ihr Minnesang heisst ungefahr: Reich, Schenkin, schnell den Becher her!

Komm, susses Madchen, full' den Krug, 's gibt Narr'n und Affen noch genug.

Die, statt zu trinken, ihren Leib 950 Elend verharmen um ein Weib.

Wer lugen kann, der ist ein Held, Betrug ist, was bei Hof gefallt, Und wer nur brav verleumden kann, Der gilt als rechter hof'scher Mann. 955 Der Tuchtigste ist allerorten, Wer schimpft mit den gemeinsten Worten.

Wer so altmodisch lebt wie ihr, Der wird bei uns, das glaubet mir, In Acht und schweren Bann getan. 960 Und jedes Weib und jeder Mann Liebt ihn nicht mehr noch minder Als Henkersknecht und Schinder.

Und Acht und Bann ist Kinderspott.”[3]

Der Alte sprach: ”Erbarm' sich Gott! 965 Ihm klag' ich taglich neu das Leid, Da.s.s sich das Unrecht macht so breit.

Dahin ist der Turniere Pracht, Dafur hat Neues man erdacht.

Einst rief man kampfesfreudig so: 970 Frisch auf, Herr Ritter, frisch und froh!

Jetzt aber schallt's an allen Tagen: Hussa, Herr Ritter, auf zum Jagen, Stich hier und schlag' zu Tode den, Und blende, wer zu gut kann sehn. 975 Dem dort hau' frisch nur ab das Bein, Den la.s.s der Hande ledig sein.

La.s.s den am nachsten Baume hangen, Doch jenen Reichen nimm gefangen, Er zahlt uns gerne hundert Pfund.” 980 ”Mir sind die Sitten alle kund, Mein Vater, und ich konnte eben Von diesem neuen Brauch und Leben Noch viel erzahlen, doch heut nicht mehr; Ich ritt den ganzen Tag umher, 985 Und mich verlangt nach Ruhe nun.”

[Notes: 1: A sham battle between two troops of mounted knights.

2: That is, Duke Ernst; see above, No. xvii.

3: That is: We pay no attention to the decrees of the courts.]

_Lines 1700-1790: Helmbrecht's sad end._

Wohin er kam bei seinem Wandern, 1700 Da zeigt' ein Bauer ihn dem andern Und schrie ihn an und seinen Knecht: ”Haha! Du dieb'scher Schuft, Helmbrecht, Warst du ein Bauer noch wie ich, Man fuhrte nicht als Blinden[4] dich.” 1705 Ein Jahr lang litt er solche Not, Bis durch den Strang er fand den Tod.

Ich sag' euch nun, wie das geschah.

Ein Bauer ihn von weitem sah, Als eines Tags er durch den Wald 1710 Hinstrich um seinen Unterhalt.

Der Bauer spaltete mit andern Sich Holz; da sah er Helmbrecht wandern, Der eine Kuh ihm einst genommen, Die sieben Bander[5] schon bekommen. 1715 Gleich sprach er zu den lieben Freunden, Da.s.s sie zur Rachetat sich einten.

”Wahrhaftig,” fiel gleich einer ein, ”In Stucke reiss' ich ihn so klein, Wie Staubchen in dem Sonnenlicht, 1720 Nimmt ihn vorweg ein andrer nicht.

Denn mir und meinem Weibe Zog er hinweg vom Leibe Das letzte Kleid, das unser war; Drum ist er mein mit Haut und Haar.” 1725 Ein dritter, der dabei stand sagte: ”Und wenn er aus sich drei auch machte, Ich wollt' ihn toten doch allein.

Der Schuft schlug Schloss und Turen ein Und nahm aus Kuch' und Keller frech 1730 Mir auch den letzten Vorrat weg.”

Dem vierten, der das Holz zerhieb, Vor Wut kaum noch die Sprache blieb: ”Ich reisse gleich den Kopf ihm ab Und denke, da.s.s ich Ursach' hab'. 1735 Mein Kind in einen Sack er stiess, Dieweil's noch schlummerte so suss.

Mitsamt den Betten stopft' er's ein, In dunkler Nacht blieb ich allein.

Und als es schrie vor Schmerz und Weh, 1740 Da schleudert' er's in kalten Schnee.

Da war' es elend umgekommen, Hatt' ich's nicht schnell ins Haus genommen.”

Der funfte sprach: ”Ja, meiner Treu,'

Wie ich mich seines Hierseins freu'! 1745 Wie soll mein Herz sich heute weiden An seinen Qualen, seinen Leiden!

Er tat Gewalt an meinem Kind; Und war' er dreimal noch so blind, Ich hangt' ihn an den nachsten Baum. 1750 Ich selber rettete mich kaum Aus seinen Handen, nackt und bloss.

Ja, war' er wie ein Haus so gross, Es wird an ihm noch heut gerochen, Nun er sich hierher hat verkrochen 1755 In diesen tiefen, dichten Wald.”

”Nur naher, kommt doch naher bald!”

So riefen sie, und bald ergoss Sich auf Helmbrecht der ganze Tross.

Indes die Schlage auf ihn sausten, 1760 Hohnworte ihm im Ohre brausten: ”Helmbrecht, die Haube[6] nimm in Acht!”

Was Henkershand noch nicht vollbracht An diesem Werk voll Schmuck und Zier, Das war gar bald getan allhier. 1765 Ein grauses Bild: auch nicht ein Stuck, Breit wie ein Pfennig, blieb zuruck.

Die Sittiche und Lerchen schon, Wie lebende fast anzusehn, Die Sperber und die Turteltauben, 1770 Und was genaht sonst auf die Hauben, Das lag zerstreut nun allerorten.

Hier trieben Lockenbuschel, dorten Das Seidenzeug und blondes Haar.

War' sonst keins meiner Worte wahr, 1775 Ihr konntet mir doch glauben, Was ich erzahle von der Hauben.

Wie jammerlich sie ward zerrissen!

Wollt ihr von einem Kahlkopf wissen?