Part 19 (1/2)

Gleich stimmten sie nun uberein.

Sie sprach: ”Der Nam' ist mir doch kund Seit mancher langen Stund'. 2110 Er ist gewiss vom hohen Stamm Des Konigs Vrien lobesam.

Nun ist die Sache klar zum Teil, Und krieg' ich ihn, so hab' ich Heil.

Aber, Gesellin, weisst du recht, 2115 Ob er mich auch haben mocht'?”

”Es war' ihm lieb, war's schon geschehn.”

”Und sage mir, wie bald wird's gehn?”

”In ungefahr vier Tagen.”

”Ach Gott, was willst du sagen! 2120 Zu lang machst du die Frist.

Bedenke dich, ob's moglich ist, Da.s.s ich ihn morgen--heute--sehe.”

”Wie wollt Ihr, Frau, da.s.s das geschahe?

Zu denken ware nicht daran: 2125 Es lebt auf Erden nicht der Mann, Er habe denn Gefieder, Der kame hin und wieder In solcher kurzen Frist; Ihr wisst, wie fern es ist.” 2130 ”So uberla.s.s es meinem Witz.

Mein Garcon lauft ja wie der Blitz; Zwei Tag' ein andrer reiten muss, Er macht's in einem Tag zu Fuss.

Der Mondschein ihm auch helfen mag: 2135 Er mache ja die Nacht zum Tag.

Auch sind die Tag' unma.s.sig lang; Sag' ihm, es lohnt sich hoch sein Gang, Und da.s.s es ihm recht lange frommt, Wenn er schon morgen wiederkommt. 2140 Er ruhre tuchtig nur die Bein'

Und mache die vier Tag' zu zwein.

Er soll sich sputen sehr Und ausruhen nachher, So lang er eben ruhen mocht'. 2145 Nun, Trautgesellin, mach's ihm recht!”

Sie sagte: ”Frau, es soll geschehn; Doch eines sei nicht ubersehn: Befragt doch Eure Leute Gleich morgen oder heute; 2150 Denn paart Ihr Euch ohn' ihren Rat, Es ware eine uble Tat.

Wer sich berat in diesen Dingen, Dem kann es nimmermehr mislingen.

Was man alleine tut, 2155 Wird es nachher nicht gut, Bringt boses Leid in Doppelma.s.s: Den Schaden und der Freunde Ha.s.s.”

Sie sprach: ”O weh Gesellin traut, Wie mir vor diesem Schritte graut! 2160 Man wird vielleicht dagegen sein.”

”Nur nichts vom Bangen, Fraue mein!

Es ist gewiss kein andrer Held, Und sucht Ihr durch die ganze Welt, Der wahrte Euch wie er den Bronn; 2165 So wird die Meinung sein davon.

Mit Freude, zweifelt nicht daran, Wird jederman in Eurem Bann Solch Landeshut begrussen; Man wirft sich Euch zu Fussen 2170 Und bittet Euch, hat man's erfahren, Geschwinde Euch mit ihm zu paaren.”

Sie sprach: ”Nun la.s.s den Garcon ziehn!

Indessen will ich mich bemuhn, Botschaften auszusenden; 2175 Wir wollen die Rede enden.”

Leicht hatte sie ihn fortgesandt, Denn er befand sich gleich zur Hand.

Der Garcon auf den Wink der Maid Verbarg sich mit Geschwindigkeit; 2180 Schnell fa.s.ste ja der flinke Knapp, Was man ihm auszufuhren gab.

Er konnt ihr helfen bei dem Lugen Und ohne jede Bosheit trugen.

Eh' ihre Herrin hatte Zeit, 2185 Zu traumen von der Moglichkeit, Der Knabe sei schon auf dem Wege, Nahm sie den Ritter in die Pflege,[1]

Wie Gott allein sie lohnen kann.

Mit schonster Bitte ging sie dran. 2190 Es lagen Kleider da bereit In dreifacher Vortrefflichkeit, Grau, hermelin und bunt; Ging doch der Wirt zu jeder Stund'

Gekleidet wie ein Hofgalan, 2195 Der viel auf Leibespflege sann Und nie am Prunk es fehlen liess.

Das schonste sie ihn wahlen hiess Und kleidete ihn damit an.

Am nachsten Abend ging sie dann, 2200 Wo sie die Frau alleine fand, Und machte sie gleich vor der Hand Von Freude bleich und rot.

Sie sprach: ”Gebt mir das Botenbrot!

Der Garcon ist gekommen.” 2205 ”Hast schon etwas vernommen?

Ist's gute Mare? Sprich doch! Wie?

Also ist Herr Iwein hie?

Wie ist es ihm so fruh gegluckt?”

”Die Liebe hat ihn hergeschickt.” 2210 ”Ach Gott! Doch sprich! Wer weiss davon?”

”Es weiss bisher kein Muttersohn Als Euer Knab' und wir.”

”Wann fuhrst du ihn zu mir?

Geh stracks zu ihm, ich bitte dich.” 2215 Die flinke Magd entfernte sich Und machte mit verstellter Mien', Als vor dem Ritter sie erschien, Als ob mit boser Mare Sie ihm gesendet ware. 2220 Sie hing den Kopf und sah ihn an Und trauriglich also begann: ”Ach, lieber Gott, mit mir ist's aus!

Die Herrin weiss, da.s.s Ihr im Haus.

Fur mich hat sie nun nichts als Zorn; 2225 Ich habe ihre Huld verlorn, Weil ich Euch barg im Schlosse hier.

Doch sagt sie, es beliebe ihr Euch einmal naher anzusehen.”

”Und sollte das nun nicht geschehen, 2230 Ich liess ihr eher meinen Leib.”

”Sie sollt' Euch toten? Sie, ein Weib?”