Part 5 (1/2)
Ein wahrer Gottes Born, Die heissen Fieber loschte er.
Krankheit floh von ihm, Den Siechen hiess er aufstehn. 230 Mit seinem Bette fortgehn.
Er war Mensch und Gott; Also suss ist sein Gebot.
Er lehrt' uns Demut und Sitte, Treue und Wahrheit dazu, 235 Da.s.s wir uns treu benahmen, Unsre Not ihm klagten; Das lehrt' uns der Gottessohn Mit Worten und mit Werken.
Mit uns wandelte er 240 Dreiunddreissig Jahr Undeinhalb, unsrer Not wegen.
Sehr gross ist seine Gewalt.
Seine Worte waren uns das Leben; Fur uns starb er seitdem, 245 Er ward nach eignem Willen An das Kreuz gehangen.
Da hielten seine Hande Die harten Nagelbande, Galle und Essig war sein Trank; 250 Also erlost' uns der Heiland.
Von seiner Seite floss das Blut, Von dem wir alle geheiligt.
Zwischen zwei Verbrechern Hingen sie den Sohn Gottes. 255 Von Holz[1] entstand der Tod, Von Holz fiel er, gottlob!
Der Teufel schnappte nach dem Fleisch, Die Angel[2] war die Gottheit; Nun ist es wohl ergangen, 260 Daran ward er gefangen.
[Notes: 1: The tree of knowledge in the Garden of Eden.
2: Christ's body is conceived as the 'bait,' his divinity as the 'hook,' by which the devil is caught.]
+XII. HEINRICH VON MELK+
An Austrian n.o.bleman of the 12th century who, after bitter experience of the world's ways, retired to the monastery of Melk (a few miles west of Vienna), where he spent his closing years as lay brother. In his _Erinnerung an den Tod_, a satirical poem of 1042 short lines in riming (a.s.sonating) couplets, he inveighs against the worldly follies of the knights, and in his _Priesterleben_ against the vices of the clergy.
The poems date from about 1160.
_From the 'Remembrance of Death,' lines 663-748: The rich youth at the grave of his father._
Reicher und edler Jungling, Gewahre deine angstliche Lage Und geh zu deines Vaters Grab; 665 Nimm den Deckstein davon ab Und schaue seine Gebeine, Seufze und weine.
Du magst wohl sagen, wenn du willst,-- Es kostet deiner Herrlichkeit nicht viel:-- 670 ”Lieber Vater und Herr, Nun sage mir, was dich plagt.
Ich sehe dein Gebein verfaulen, Das hat die Erde ganz zersetzt; Es kriechet boser Wurmer voll. 675 Diese stinkende Hohle Erzeigt meinem Sinne Einen furchtbaren Geruch darinne.
Auch ist mir schwer zu Mute, Da du einst so schon warst, 680 Da.s.s du so schnell verdorben.
Das ist eine jammerliche Ordnung: Was einst bluhte wie die Lilie, Das wird wie ein Kleid, das der Meltau Benagt und zerfrisst. 685 Der ist unselig, der es vergisst.”
So hattest du wohl reden konnen, Wenn der Jammer dich bewegt hatte Aus Liebe zu deinem Vater.
Nun gedenke des Sinnes, 690 Wie er dir antworten wurde, Wenn es naturgema.s.s ware, Oder wenn Gott es erlaubte.
Ich will die Rede nicht lang machen; Ich spreche fur ihn und mit ihm, 695 Vernimm du es mit Aufmerksamkeit: ”Ich will dir das, lieber Sohn, Wonach du fragtest, kund tun.
Meine Sachen stehen in Unordnung; Von der Strafe Grimmigkeit, 700 Die ich taglich erleiden muss, Kann ich mich nicht loswinden.
Ich habe Feuer und Finsternis Zur Rechten und zur Linken, Oben und auch unten. 705 Fande jemand meine Not beschrieben, Er hatte immer davon zu reden.
Das, lieber Sohn, habe ich zu beklagen, Doch was bedarfst du langer Rede?
Die Ketten der Rache Gottes 710 Halten mich fest gebunden; Ich habe herben Lohn gefunden Fur alles, was ich beging Und leider ungebusst liess.
Alles Ma.s.s hatte ich vergessen 715 Im Trinken und im Essen, Jetzt werde ich bezwungen Von Durst und von Hunger.
Ehemals brannte mein Fleisch Im Schweisse der Liederlichkeit; 720 Nun brennt mich der Fluch Gottes In dem Feuer, das keiner loschen kann.
Ich leide Schmerz und Ungemach; Weh, da.s.s ich diese Welt je gesehen!
Begehrlichkeit und Hoffahrt, 725 Die beiden haben mir verschlossen Die Tore der inneren Holle; Da sind die schwarzen Pechwellen Mit den heissen Feuerflammen.
Ich h.o.r.e da Zahneknirschen, 730 Weinen und Jammern, Sehr klagliches Rufen Derer, die keine Hoffnung haben, Da.s.s sie jemals erlost werden Aus dem Abgrunde. 735 Ach, da.s.s ich je so handelte, Da.s.s ich ihr Genoss werden musste!
Gern mochte ich es ewig bussen, Wurde die Wohltat mir zu Teil, Da.s.s ich den Teufel nicht ansahe 740 Und sein Antlitz vermiede; Wie sollte mich das erfreuen!
Jetzt mach' ich meine Klage zu spat; Doch rat' ich dir, mein lieber Sohn, Da.s.s du an mir ein Beispiel nehmest 745 Und der Welt nicht so nachhangest, Da.s.s du meine Not vergessest; Sonst muss es dir wie mir ergehen.”
+XIII. THE ARNSTEIN HYMN TO THE VIRGIN+
A _Marienleich_ dating from the end of the 12th century, during which the type was much cultivated. The ma.n.u.script, from the convent of St. Mary at Arnstein on the Lahn, contains 325 short lines in couplets (beginning and end missing), of which lines 78-261 are given below.