Part 74 (1/2)

Lebe, bis du satt gekusst Und des Trinkens mude bist.

O, wie schon klingt dies den Ohren!

Tod, du hast mich neu geboren. 30 Dieses Glas voll Rebensaft, Tod, auf gute Bruderschaft!

Ewig muss ich also leben, Ewig! denn, beim Gott der Reben!

Ewig soll mich Lieb' und Wein, 35 Ewig Wein und Lieb' erfreun!

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_From 'Miss Sara Sampson': Act II, Scene 7._

MELLEFONT. MARWOOD.[1]

MARWOOD. Nun sind wir allein. Nun sagen Sie es noch einmal, ob Sie fest entschlossen sind, mich einer jungen Narrin aufzuopfern?

MELLEFONT (_bitter_). Aufzuopfern? Sie machen, da.s.s ich mich hier erinnere, da.s.s den alten Gottern auch sehr unreine Tiere geopfert wurden.

MARWOOD (_spottisch_). Drucken Sie sich ohne so gelehrte Anspielungen aus.

MELLEFONT. So sage ich Ihnen, da.s.s ich fest entschlossen bin, nie wieder ohne die schrecklichsten Verwunschungen an Sie zu denken. Wer sind Sie?

Und wer ist Sara? Sie sind eine woll.u.s.tige, eigennutzige, schandliche Buhlerin, die sich jetzt kaum mehr muss erinnern konnen, einmal unschuldig gewesen zu sein. Ich habe mir mit Ihnen nichts vorzuwerfen, als da.s.s ich dasjenige genossen, was Sie ohne mich vielleicht die ganze Welt hatten geniessen la.s.sen. Sie haben mich gesucht, nicht ich Sie; und wenn ich nunmehr weiss, wer Marwood ist, so kommt mir diese Kenntnis teuer genug zu stehen. Sie kostet mir mein Vermogen, meine Ehre, mein Gluck--

MARWOOD. Und so wollte ich, da.s.s sie dir auch deine Seligkeit kosten musste! Ungeheuer! Ist der Teufel arger als du, der schwache Menschen zu Verbrechen reizet und sie dieser Verbrechen wegen, die sein Werk sind, hernach selbst anklagt? Was geht dich meine Unschuld an, wann und wie ich sie verloren habe? Habe ich dir meine Tugend nicht preisgeben konnen, so habe ich doch meinen guten Namen fur dich in die Schanze geschlagen. Jene ist nichts kostbarer als dieser. Was sage ich?

Kostbarer? Sie ist ohne ihn ein albernes Hirngespinnst, das weder ruhig noch glucklich macht. Er allein gibt ihr noch einigen Wert und kann volkommen ohne sie bestehen. Mochte ich doch sein, wer ich wollte, ehe ich dich, Scheusal, kennen lernte; genug, da.s.s ich in den Augen der Welt fur ein Frauenzimmer ohne Tadel galt. Durch dich nur hat sie es erfahren, da.s.s ich es nicht sei; durch meine Bereitwilligkeit bloss, dein Herz, wie ich damals glaubte, ohne deine Hand anzunehmen.

MELLEFONT. Eben diese Bereitwilligkeit verdammt dich, Niedertrachtige.

MARWOOD. Erinnerst du dich aber, welchen nichtswurdigen Kunstgriffen du sie zu verdanken hattest? Ward ich nicht von dir beredet, da.s.s du dich in keine offentliche Verbindung einla.s.sen konntest, ohne einer Erbschaft verl.u.s.tig zu werden, deren Genuss du mit niemand als mit mir teilen wolltest? Ist es nun Zeit, ihrer zu entsagen? Und ihrer fur eine andre als fur mich zu entsagen?

MELLEFONT. Es ist mir eine wahre Woll.u.s.t, Ihnen melden zu konnen, da.s.s diese Schwierigkeit nunmehr bald wird gehoben sein. Begnugen Sie sich also nur, mich um mein vaterliches Erbteil gebracht zu haben, und la.s.sen mich ein weit geringeres mit einer wurdigern Gattin geniessen.

MARWOOD. Ha! Nun seh' ich's, was dich eigentlich so trotzig macht! Wohl, ich will kein Wort mehr verlieren. Es sei darum! Rechne darauf, da.s.s ich alles anwenden will, dich zu vergessen. Und das erste, was ich in dieser Absicht tun werde, soll dieses sein-- Du wirst mich verstehen! Zittre fur deine Bella! Ihr Leben soll das Andenken meiner verachteten Liebe auf die Nachwelt nicht bringen; meine Grausamkeit soll es tun. Sieh in mir eine neue Medea!

MELLEFONT (_erschrocken_). Marwood--

MARWOOD. Oder wenn du noch eine grausamere Mutter weisst, so sieh sie gedoppelt in mir! Gift und Dolch sollen mich rachen. Doch nein, Gift und Dolch sind zu barmherzige Werkzeuge! Sie wurden dein und mein Kind zu bald toten. Ich will es nicht ges...o...b..n sehen; sterben will ich es sehen! Durch langsame Martern will ich in seinem Gesichte jeden ahnlichen Zug, den es von dir hat, sich verstellen, verzerren und verschwinden la.s.sen. Ich will mit begieriger Hand Glied von Glied, Ader von Ader, Nerve von Nerve losen und das kleinste derselben auch da noch nicht aufh.o.r.en zu schneiden und zu brennen, wenn es schon nichts mehr sein wird als ein empfindungsloses Aas. Ich--ich werde wenigstens dabei empfinden, wie suss die Rache sei!

MELLEFONT. Sie rasen, Marwood--

MARWOOD. Du erinnerst mich, da.s.s ich nicht gegen den rechten rase. Der Vater muss voran! Er muss schon in jener Welt sein, wenn der Geist seiner Tochter unter tausend Seufzern ihm nachzieht-- (_Sie geht mit einem Dolche, den sie aus dem Busen reisst, auf ihn los_). Drum stirb, Verrater!

MELLEFONT. (_der ihr in den Arm fallt und den Dolch entreisst)._ Unsinniges Weibsbild! Was hindert mich nun, den Stahl wider dich zu kehren? Doch lebe, und deine Strafe musse einer ehrlosen Hand aufgehoben sein!

MARWOOD (_mit gerungenen Handen_). Himmel, was hab' ich getan?

Mellefont--

MELLEFONT. Deine Reue soll mich nicht hintergehen! Ich weiss es doch wohl, was dich reuet; nicht da.s.s du den Stoss tun wollen, sondern da.s.s du ihn nicht tun konnen.

MARWOOD. Geben Sie mir ihn wieder, den verirrten Stahl! Geben Sie mir ihn wieder! und Sie sollen es gleich sehen, fur wen er geschliffen ward.