Part 67 (2/2)

Der Jahre l.u.s.t und Muh ruhn stets auf gleicher Waage, Des Lebens Staffeln sind nichts als Geburt und Tod.

Nur hat die Frohlichkeit bisweilen wenig Stunden Dem unverdrossnen Volk nicht ohne Muh entwunden. 100

Wann durch die schwule Luft gedampfte Winde streichen, Und ein begeistert Blut in jungen Adern gluht, So sammlet sich ein Dorf im Schatten breiter Eichen, Wo Kunst und Anmuth sich um Lieb und Lob bemuht.

Hier ringt ein kuhnes Paar, vermahlt den Ernst dem Spiele 105 Umwindet Leib um Leib und schlinget Huft um Huft.

Dort fliegt ein schwerer Stein nach dem gesteckten Ziele, Von starker Hand beseelt, durch die zertrennte Luft.

Den aber fuhrt die l.u.s.t, was edlers zu beginnen, Zu einer muntern Schaar von jungen Schaferinnen. 110

Dort eilt ein schnelles Blei in das entfernte Weisse, Das blitzt und Luft und Ziel im gleichen Jetzt durchbohrt; Hier rollt ein runder Ball in dem bestimmten Gleisse Nach dem erwahlten Zweck mit langen Satzen fort.

Dort tanzt ein bunter Ring mit umgeschlungnen Handen 115 In dem zertretnen Gras bei einer Dorf-Schallmei, Und lehrt sie nicht die Kunst, sich nach dem Tacte wenden, So legt die Frohlichkeit doch ihnen Flugel bei.

Das graue Alter dort sitzt hin in langen Reihen, Sich an der Kinder l.u.s.t noch einmal zu erfreuen. 120

Denn hier, wo die Natur allein Gesetze giebet, Umschliesst kein harter Zw.a.n.g der Liebe holdes Reich.

Was liebenswurdig ist, wird ohne Scheu geliebet, Verdienst macht alles werth und Liebe macht es gleich.

Die Anmuth wird hier auch in Armen schon gefunden, 125 Man wiegt die Gunst hier nicht fur schwere Kisten hin, Die Ehrsucht theilet nie, was Werth und Huld verbunden, Die Staatssucht macht sich nicht zur Unglucks-Kupplerin: Die Liebe brennt hier frei und scheut kein Donnerwetter, Man liebet fur sich selbst und nicht fur seine Vater. 130

So bald ein junger Hirt die sanfte Glut empfunden, Die leicht ein schmachtend Aug in muntern Geistern schurt, So wird des Schafers Mund von keiner Furcht gebunden, Ein ungeheuchelt Wort bekennet, was ihn ruhrt; Sie hort ihn und, verdient sein Brand ihr Herz zum Lohne, 135 So sagt sie, was sie fuhlt, und thut, wornach sie strebt; Dann zarte Regung dient den Schonen nicht zum Hohne, Die aus der Anmuth fliesst und durch die Tugend lebt.

Verzuge falscher Zucht, der wahren Keuschheit Affen, Der Hochmuth hat euch nur zu unsser Qual geschaffen! 140

[Notes: 1: _Tunkins Nest_, the edible birds'-nests of Tonkin, as a type of imported luxury.

2: _Scheinbarer_ = _glanzender_.

3: _Errinnt_ = _geht auf_.

4: _Schwirrend_ = _klirrend_, 'clanking,' or possibly with reference to the 'whizzing' of iron missiles.]

+LXVI. EWALD VON KLEIST+

A Prussian soldier-poet (1715-1759) who fell at the battle of Kunersdorf. His temperament and the circ.u.mstances of his early life disposed him to melancholy; so that he readily came under the spell of Haller, Thomson, and the other poets who extolled nature and the simple life as a refuge from the badness of civilization. His best known production is the fragment called _Spring_ (1749), in which fine pa.s.sages of personal feeling are interwoven with detailed descriptions that are sometimes a little tedious. The text follows Muncker's edition in Kurschner's _Nationalliteratur_, Vol. 45.

+1+

+Das Landleben.+

O Freund,[1] wie selig ist der Mann zu preisen, Dem kein Getummel, dem kein schwirrend Eisen, Kein Schiff, das Beute, Mast und Bahn verlieret, Den Schlaf entfuhret!

Der nicht die Ruhe darf in Berge senken, 5 Der fern von Purpur, fern von Wechselbanken, In eignen Schatten, durch den West gekuhlet, Sein Leben fuhlet.

Er lacht der Schlosser, von Geschutz bewachet, Verhohnt den k.u.mmer, der an Hofen lachet, 10 Verhohnt des Geizes in verschlossnen Mauren Torichtes Trauren.

Sobald Aurora, wenn der Himmel grauet, Dem Meer entsteigend, lieblich abwarts schauet, Flieht er sein Lager, ohn' verzartelt Schmucken, 15 Mit gleichen Blicken.

Er lobt den Schopfer, hort ihm Lerchen singen, Die durch die Lufte sich dem Aug entschwingen, Hort ihm vom Zephyr, lispelnd auf den Hohen, Ein Loblied wehen. 20

Er schaut auf Rosen Tau wie Demant blitzen; Schaut uber Wolken von der Berge Spitzen, Wie schon die Ebne, die sich blau verlieret, Flora gezieret.

Bald zeigt sich fliehend auf des Meeres Rucken 25 Ein Schiff von weitem den nachfliehnden Blicken, Das sie erst lange gleichsam an sich bindet Und dann verschwindet.

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